Geltendmachung von Nutzungsausfall nach dem Verkehrsunfall

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Geltendmachung von Nutzungsausfall nach dem Verkehrsunfall

Wenn nach einem Unfall das eigene Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher ist, wird sich der Fahrzeughalter regelmäßig die Frage stellen, ob er seinen Fahrbedarf bis zur Ersatzbeschaffung oder Reparatur des eigenen Pkw durch ein Mietfahrzeug decken muss oder die Geltendmachung eines pauschalierten Nutzungsausfalls die wirtschaftlichere Lösung darstellt. Hat man den Unfall unter Umständen selbst mitverschuldet, wird sich die Frage weniger stellen, da dann zu befürchten wäre, einen Teil der Mietwagenkosten selbst tragen zu müssen. Dieses Risiko besteht bei der Geltendmachung von Nutzungsausfall nicht. Im Falle des Mitverschuldens wird eben nur ein entsprechender Anteil vom Schädiger zu bezahlen sein. Die Höhe des kalendertägigen Nutzungsausfalls hängt vom Fahrzeugtyp ab und beträgt EUR 23,00 bis EUR 175,00.

Einige Voraussetzungen müssen für den Anspruch auf Nutzungsausfall allerdings erfüllt sein. Der Berechtigte muss während der Ausfallzeit des eigenen Fahrzeuges auch in der Lage sein, das Fahrzeug zu benutzen. Wer durch den Unfall so schwer verletzt wird, dass das Führen eines Pkw nicht mehr möglich ist, die Fahrerlaubnis verloren hat oder in diesem Zeitraum eine Flugreise angetreten hat, konnte sein Fahrzeug aus Gründen nicht nutzen, die mit dem Fahrzeugausfall nichts zu tun haben und hat damit keinen Anspruch. Anders ist das aber, wenn das Fahrzeug regelmäßig auch von anderen Personen, zum Beispiel vom Partner, genutzt wurde und diesem die Nutzungsmöglichkeit trotz vorhandenen Nutzungswillen entzogen wurde.

Der grundsätzlich vermutete Nutzungswille entfällt, wenn der Geschädigte ihn nicht dokumentiert durch den Nachweis einer Reparatur oder einer Ersatzbeschaffung nach Totalschaden. Werden diese Nachweise allerdings erst nach einem langen Zeitraum erbracht, wird der Versicherer den Wegfall des Nutzungswillen behaupten. Manche Gerichte folgen dieser Argumentation nach circa sechs Monaten.

Für welchen Zeitraum besteht der Anspruch auf Nutzungsausfall? Kann das beschädigte Fahrzeug repariert werden, ist auf den in einer Fachwerkstatt objektiv erforderlichen Zeitraum abzustellen? Wenn die selbst durchgeführte Reparatur am Wochenende also länger dauert, verlängert dies nicht den Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Im Falle des wirtschaftlichen Totalschadens geht man zumeist von einer notwendigen Wiederbeschaffungsdauer von circa 14 Tagen aus. Ist der Eintritt eines Totalschadens nicht ohne weiteres erkennbar, kann auch noch die Zeit bis zum Eingang eines Gutachtens berücksichtigt werden. Fehlt es dem Geschädigten an den notwendigen Mitteln für eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung, weil der Versicherer noch nicht reguliert hat, kann der Zeitraum des Nutzungsausfalls nur dann ausgedehnt werden, wenn diese Zahlungsschwierigkeiten – zum Beispiel keinen Kredit erhalten zu haben – konkret nachgewiesen und der Versicherer auch rechtzeitig auf diese Gefahr ausdrücklich hingewiesen worden war.

War das eigene Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt älter als fünf Jahre, wird zumeist ein Abzug beim Nutzungsausfall vorgenommen. Es wird dann der Nutzungsausfall der nächst niedrigen Gruppe bezahlt. Die Versicherungswirtschaft versucht häufig, bei Fahrzeugen, die bereits älter als zehn Jahren waren, den Nutzungsausfall um zwei Stufen herabzusetzen. Das akzeptieren die Gerichte in der Regel nicht, obwohl die Rechtsprechung insgesamt uneinheitlich ist. Richtigerweise ist darauf abzustellen, dass zwar Nutzungsmöglichkeit und Komfort eines neueren Modells etwas besser sein können, als beim älteren Fahrzeugmodell, Komfort, Leistung und Platzangebot sich aber mit dem Alter nicht grundsätzlich verändern und aus einer Limousine der Oberklasse nicht allein durch das Alter ein Kleinfahrzeug wird. Anders wäre das nur dann zu beurteilen, wenn das beschädigte Fahrzeug bereits erhebliche Mängel aufweisen würde. Umgekehrt führt diese Argumentation aber auch dazu, dass der Geschädigte, der für sein unfallbeschädigtes Unikat (hier: Alfa Romeo 156 mit umfangreicher Sonderausstattung) nicht umgehend ein gleichartiges Ersatzfahrzeug beschaffen kann, nicht unbegrenzt Nutzungsausfall geltend machen kann. Das OLG Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil vom 13. April 2021, Az. I 1 U 119/20 entschieden, dass das dort nach 20 Tagen beschaffte Fahrzeug einer anderen Marke mit ähnlichem Wert aber ohne die gesamte Sonderausstattung geeignet war „das beschädigte Fahrzeug in seiner konkreten, ihm vom Geschädigten in objektiv nachvollziehbarerer Weise zugedachten und wirtschaftlich relevanten Funktionen zu ersetzen“ (unter Hinweis auf BGH vom 23. Mai 2017, Az. VI ZR 9/17). Mit anderen Worten: der Geschädigte darf sich einerseits nicht darauf kaprizieren, ein dem beschädigten Fahrzeug genau gleichartiges Ersatzobjekt zu suchen und bis dahin Nutzungsausfall zu beanspruchen. Er muss sich aber andererseits auch nicht darauf verweisen lassen, den bisher mit einem Fahrzeug der Oberklasse gedeckten Fahrbedarf nun durch die Beschaffung eines Kleinfahrzeuges decken zu müssen.

Fazit: Die Geltendmachung von Nutzungsausfall nach einem Unfallereignis stellt also eine sinnvolle und in vielen Fällen auch wirtschaftlich attraktive Alternative zur Mietwagennutzung dar. Dies gilt insbesondere, wenn der eigene Fahrbedarf vorrübergehend in anderer Weise gedeckt werden kann und insbesondere auch für den Fall, dass eine eigene Mithaftung am Unfallereignis nicht ausgeschlossen werden kann. Wer etwa zur Hälfte mithaftet, erhält dann eben unter den dargestellten Voraussetzungen den hälftigen Nutzungsausfall.