Rechtsanwalt als Repräsentant des Versicherungsnehmers: Muss sich ein rechtsschutzversicherter Mandant Fehler seines Rechtsanwalts gegenüber seiner Rechtsschutzversicherung zurechnen lassen?

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Rechtsanwalt als Repräsentant des Versicherungsnehmers: Muss sich ein rechtsschutzversicherter Mandant Fehler seines Rechtsanwalts gegenüber seiner Rechtsschutzversicherung zurechnen lassen?

Das OLG Düsseldorf hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sich ein rechtsschutzversicherter Mandant Versäumnisse seines Rechtsanwaltes nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung im Verhältnis zu seiner Rechtsschutzversicherung zurechnen lassen muss.

Per Definition ist im Versicherungsrecht derjenige Repräsentant, der in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist.

Höchstrichterlich ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich kein Repräsentant des Versicherungsnehmers ist mit der Folge, dass sich dieser etwaige Versäumnisse seines Rechtsanwaltes nicht zurechnen lassen muss.

Von dieser, für den Versicherungsnehmer vorteilhaften Regel macht das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2019 I-4 W 38/19 jedoch dann eine Ausnahme, wenn der Anwalt mit der umfassenden Betreuung des Mandatsverhältnisses, auch im Verhältnis zum Rechtsschutzversicherer, betraut ist. Das ist – so das OLG – dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer die Betreuung des Rechtsschutzfalls vollständig in die Hände des Rechtsanwalts legt, beispielsweise dadurch, dass sich der Versicherungsnehmer über den Sachstand seiner Angelegenheit seitens des Anwalts nicht unterrichten lässt, sozusagen die komplette Fallbearbeitung in die Hände des Rechtsanwaltes legt.

In dem zu entscheidenden Fall führte dies zu dem Ergebnis, dass ein Versäumnis des Rechtsanwalts als Versäumnis des Versicherungsnehmers gewertet worden ist mit der Folge, dass dem Versicherungsnehmer Kosten entstanden sind, die die Rechtsschutzversicherung nicht bezahlen musste.

Praktische Relevanz erfährt die Entscheidung des OLG Düsseldorf insoweit, als immer mehr Rechtsdienstleister standardisierte Rechtsprodukte anbieten, welche vorsehen, dass insbesondere der rechtsschutzversicherte Auftraggeber erst bei Abschluss des Verfahrens ein rechtliches „Endprodukt“ erhält und von Zwischeninformationen oder Rückfragen, insbesondere mit Blick auf Rechtsschutzversicherungskorrespondenz Abstand genommen wird. Dies mag auf den ersten Blick bequem erscheinen. Die hier behandelte Rechtsprechung zeigt jedoch, dass dies auch mit Nachteilen für den Versicherungsnehmer verbunden sein kann, nämlich dann, wenn dem Rechtsanwalt ein Fehler unterläuft und die Rechtsschutzversicherung aufgrund dessen eine Zahlung verweigert. In diesem Fall kann das vermeintlich bequeme „Full-Service-Package“ zu einer finanziellen Belastung des Versicherungsnehmers führen.