Aktuelles aus dem Arbeitsrecht
1. Schadensersatz bei verspäteter Meldung der drohenden Arbeitslosigkeit?
Auch wenn ein Arbeitgeber entgegen den gesetzlichen Bestimmungen bei Ausspruch einer Kündigung den betroffenen Arbeitnehmer nicht darauf hingewiesen hat, dass sich dieser unverzüglich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden muss, steht dem Arbeitnehmer, der wegen unterlassener oder verspäteter Meldung einen Schaden erleidet, kein Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 29.09.2005 – Az. 8 AZR 571/04 entschieden.
Nach § 37 b SGB III (Arbeitsförderung) muss sich der Arbeitnehmer unverzüglich arbeitssuchend melden, sobald er (z. B. durch eine Kündigung) erfährt, wann sein Arbeitsverhältnis enden wird. Bei von vorne herein befristeten Arbeitsverhältnissen muss er sich frühestens drei Monate vor dem Ende der Befristung als arbeitssuchend melden. Der Arbeitgeber soll nach der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III den Arbeitnehmer mit Ausspruch der Kündigung oder Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages auf diese Verpflichtung hinweisen. Versäumt der Arbeitnehmer nämlich die Anmeldung oder erfolgt diese verspätet, hat das eine Kürzung seines Arbeitslosengeldes und damit einen unter Umständen erheblichen Schaden zur Folge. Ein betroffener Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber über das Erfordernis einer unverzüglichen Meldung nicht unterrichtet worden war, hat das ihm dadurch entgangene Arbeitslosengeld als Schadenersatzanspruch wegen Pflichtverletzung gegen den Arbeitgeber geltend gemacht.
Die Klage war nicht erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Hinweispflicht des Arbeitgebers als reine Soll-Vorschrift ausgestaltet ist. Sie bezwecke auch nicht einen Vermögensschutz zugunsten des Arbeitnehmers. Vielmehr sei es Zweck der Vorschrift, durch zusätzliche Hinweise des Arbeitgebers Schaden von der Gemeinschaft aller in der Arbeitslosenversicherung versicherten Mitglieder durch eine verspätete Anmeldung und dadurch eingeschränkte Vermittlungstätigkeit der Agenturen für Arbeit zu verhindern. Die Informationspflicht des Arbeitgebers entspricht deshalb einem arbeitspolitischen Zweck. Zivilrechtliche Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers können daraus nicht abgeleitet werden. Der Arbeitnehmer ist vielmehr selbst gehalten, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld durch eine rechtzeitige Mitteilung von der drohenden Arbeitslosigkeit ungeschmälert zu erhalten. Verletzt er diese Pflicht, kann er die daraus folgende Kürzung des Arbeitslosengeldes nicht auf den Arbeitgeber abwälzen.
2. Gegen eine fehlerhaft berechnete Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer auch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist noch Klage erheben.
Gegen die Rechtmäßigkeit einer Kündigung durch den Arbeitgeber kann sich der betroffene Arbeitnehmer nach § 4 Kündigungsschutzgesetz nur wehren, wenn er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhebt. Das gilt für die ordentliche Kündigung ebenso wie für die außerordentliche fristlose Kündigung, für Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz ebenso wie für die nicht vom Kündigungsschutzgesetz bevorzugten Arbeitsverhältnisse. Eine wichtige Ausnahme hat das Bundesarbeitsgericht nun mit Urteil vom 15.12.2005 – Az. 2 AZR 148/05 – bestätigt.
Der Fall:
Einer Arbeitnehmerin war ordentlich gekündigt worden. Eine Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-Wochen-Frist hatte die Arbeitnehmerin nicht erhoben. Nach ca. zwei Monaten legte sie Klage beim Arbeitsgericht ein mit der Begründung, dass die Kündigungsfrist falsch, nämlich zu kurz, berechnet wurde. Sie hat mit der Klage ihren restlichen Arbeitslohn für die tatsächliche restliche Kündigungsfrist geltend gemacht.
Das Bundesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und darauf hingewiesen, dass dort, wo nur die fehlerhafte Berechnung der Kündigungsfrist beanstandet wird, kein Streit um das weitere Bestehen des Arbeitsverhältnisses geführt wird. Nur dieser Streit um den Bestand des Arbeitsverhältnisses fällt aber unter die Bestimmung des § 4 KSchG mit ihrer strengen Frist. Wird hingegen die Frist fehlerhaft berechnet, so macht dies die Kündigung als solche und damit die gewollte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht unwirksam; die fehlerhafte Berechnung betrifft lediglich den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird. Der Arbeitnehmer kann deshalb auch außerhalb der Drei-Wochen-Frist den richtigen Zeitpunkt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen und auch die daraus herrührenden Ansprüche, z. B. Lohnansprüche, geltend machen.
Rechtsanwalt Michael Zerfowski
für RAe Schäufele & Zerfowski
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