Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 28. Juli 2023, Az. 9 Sa 73/21, entschieden, dass Arbeitnehmer nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen können.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. September 2016 bis zum 30. März 2020 in einem Ausbildungsverhältnis zum Sport- und Gesundheitstrainer sowie zum Sport- und Fitnesskaufmann beschäftigt. Am 5. März 2020 erhielt der Kläger eine Abmahnung. Er verlangte zunächst außergerichtlich, diese und den darin geschilderten Vorwurf, dass sich der Kläger des Betruges strafbar gemacht habe, zurückzunehmen. Da die Beklagte dem nicht nachkam, reichte der Kläger Klage zum Arbeitsgericht ein. Er Kläger führte aus, dass die Vorwürfe und Beschuldigungen unzutreffend seien. Die Beklagte trug demgegenüber vor, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte mangle, da das Ausbildungsverhältnis bereits beendet sei. Zudem sei die Abmahnung berechtigt erfolgt.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und führte aus, dass das Rechtsschutzbedürfnis aufgrund der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses entfallen sei. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er ein besonderes Interesse an der Entfernung aus der Personalakte habe. Das LAG hob das Urteil diesbezüglich auf und verurteilte die Beklagte zur Entfernung der Abmahnung.
Das LAG führte aus, dass es nicht am Rechtsschutzbedürfnis mangele. Auch sei die Entfernung der Abmahnung begründet. Der Kläger könne seinen Anspruch auf Art. 17 Abs. 1a DSGVO stützen. Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche verpflichtet ist, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern diese für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind.
Die Abmahnung enthalte personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO, da darin Verhaltensweisen des Klägers wiedergegeben und gerügt worden sind. Nach Beendigung eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses seien Abmahnungen für den Zweck, für den sie in die Personalakte genommen worden sind, grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben Abmahnungen die zur Rüge eines beanstandeten Verhaltens dienen und eine Warnfunktion erfüllen sollen, keinerlei Bedeutung mehr. Auch gebe es keine gesetzliche Aufbewahrungspflichten für Abmahnungen.
Mit der Entscheidung setzt sich das LAG Baden-Württemberg in Widerspruch zur Rechtsprechung des Sächsischen LAG, welches mit Urteil vom 3. März 2023, Az. 4 Sa 117/21, entschieden hat, dass nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte bestehe.
Das LAG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Somit bleibt abzuwarten, ob diese eingelegt und wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) hinsichtlich der uneinheitlichen Rechtsprechung entscheiden wird.
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