Zurück zur Übersicht

Geld zurück bei Lebensversicherungskündigung

Die Hälfte aller Lebensversicherungen erlebt nicht ihr vertragsgemäßes Ende, nämlich Auszahlung im Todes- oder Erlebensfall.

Immer wieder werden Verträge aus vielerlei Gründen vorzeitig aufgelöst, weil der Unterzeichner arbeitslos geworden ist, er sich übernommen hat oder ihm die Rendite nicht mehr ausreichend erscheint.

Kündigt der Versicherungsnehmer in den ersten Jahren nach Abschluss, so ereilt ihn in aller Regel eine böse Überraschung mit Eingang der Restwerteabrechnung. Denn die meisten Versicherten bekamen nichts zurück, weil die Unternehmen von den eingezahlten Beiträgen zunächst Provisionen, Kosten- und Stornoabschläge abgezogen haben.

Der Grund für diese Geldentwertung ist die „Zillmerung“. Danach ziehen die Versicherer in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit alle Kosten für den Vertragsabschluss von den eingezahlten Beiträgen ab, weshalb das Vertragskonto zunächst ins Minus rutscht und erst durch spätere weitere Beiträge ausgeglichen wird.

Diese Praxis rief die Verbraucherschützer auf den Plan, welche den Bundesgerichthof mit Erfolg um Klärung der entsprechenden Klauseln bemühten.

Nach dessen Entscheidung vom 9. Mai 2001, Az. IV ZR 121/00, IV ZR 138/99, befand der BGH die entsprechenden Vertragsklauseln zur Abrechung der Abschlusskosten sowie zu den Stornokosten bei Kündigung und Beitragsfreistellung als unverständlich. Der Kunde erkenne nicht, welche wirtschaftlichen Nachteile ihn im Kündigungsfall erwarten. Das sei ein Verstoß gegen das Transparenzgebot. Die bei den meisten Versicherern verwendeten Klauseln seien klarer zu fassen. Das Ergebnis entsprach indessen nicht den Erwartungen. Zwar wurden die Klauseln verändert, aber nicht in ihrer Wirkung. Vielmehr bestanden diese unverändert fort, weshalb es zu einem erneuten Verfahren kam. Nach dem weiteren Urteil des BGH vom 12.10.2005, Az. IV ZR 162/03, sind die Unternehmen verpflichtet, den Kunden über ihre Bedingungen bei Kündigung Auskunft zu erteilen, über den Rückkaufswert, der mindestens 50 % der eingezahlten Beiträge betragen müsse. Verträge vor 1994/1995 bis 2001 dürften nicht mit Stornoabzügen belastet werden.

Schließlich gab mit einer weiteren Entscheidung vom 07.03.2006 das Bundesverfassungsgericht einem Kunden Recht, der 1992 seine Lebensversicherung vorzeitig gekündigt und sich wegen der Berechnung des Rückkaufswertes gewehrt hatte, womit das Gericht die BGH-Rechtsprechung, zumindest den Rückkaufswert, bestätigte (Az. 1 BvR 1317/96).

Der Erfolg und Umsetzung dieser Entscheidung für die Verbraucher lässt aber leider noch auf sich warten.

Abgesehen davon, dass die Lebensversicherer grundsätzlich ihre Altkunden auf die für sie günstige Rechtsprechung nicht aufmerksam machen und aus eigenem Antrieb Beitragsrückerstattungen vornehmen, wehren sie sich vehement gegen derartig begründete Nachforderungen. Zum einen werden keine Vertragsunterlagen herausgegeben, obgleich solche nach aufsichtsrechtlichen Regeln zehn Jahre aufbewahrt werden müssen. Es wird ferner eingewandt, dass die BGH-Rechtsprechung keine Anwendung finde, weil es bei ihnen nicht zur Zillmerung gekommen sei oder aber, dass auch die Neuberechnung des Rückkaufswertes zu keiner Nachzahlung führe. Helfen diese Argumente nicht weiter, berufen sich die Versicherer regelmäßig auf Verjährung. Zwar verjähren Leistungen aus Lebensversicherungen nach fünf Jahren. Dem hält das Gutachten des Rechtsprofessors Schwintowski der Humboldtuniversität Berlin entgegen, dass die Verjährung erst mit dem BGH-Urteil beginnen kann. Denn „vorher konnte man ja gar nicht wissen, dass überhaupt ein Anspruch besteht und wenn der Anspruch unentdeckt war, kann er auch nicht verjähren“, woraus gefolgert wird, dass die Fünfjahresfrist erst seit Urteilsverkündung vom 10. Oktober —- beginnt.

Eine einheitliche Rechtssprechung zur Verjährungsproblematik liegt noch nicht vor. Gerade deshalb ist es im Hinblick auf den möglichen Verjährungsablauf zum 12.10.2010 geboten, Ansprüche konsequent geltend zu machen und diese angesichts der noch offenen Verjährungsproblematik, jedenfalls vor Ablauf des 02.10.2010 noch geltend zu machen.

Sofern Rechtsschutzversicherer sich in derartigen Streitigkeiten auf die Begründung der Vorvertraglichkeit – weil der Rechtsschutzversicherungsvertrag erst nach Abschluss der Lebensversicherung besteht – berufen, ist diesem Einwand entgegenzutreten. Denn für den Eintritt des Versicherungsfalles im Rahmen der Vertragsrechtsschutzversicherung kommt es nicht auf den Abschluss der Lebensversicherung, sondern auf den Zeitpunkt der Kündigung an.

Zur Klärung sämtlicher Ansprüche ist die Beratung und Vertretung durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht geboten.

Rechtsanwalt Peter Schäufele
Kanzlei RAe Schäufele & Zerfowski
Fachanwälte für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht