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Geld zurück bei Renten- und Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung

Kommentar zum Urteil des BGH v. 07.05.2014 – IV ZR 76/11

Mit vorbezeichnetem Urteil hat der Bundesgerichtshof für Versicherungsnehmer von Renten- und Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung eine bedeutsame richtungsweisende Entscheidung getroffen.

Im Kern geht es darum, dass bei unterlassener Belehrung über das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers gegen den Inhalt des Versicherungsvertrages oder unterlassener Aushändigung der Verbraucherinformationen und Versicherungsbedingungen ein sogenanntes lebtägliches Widerrufsrecht des Versicherungsvertrages, mit der Folge der Rückerstat-tung der geleisteten Versicherungsprämien, besteht.

Erfasst sind sogenannte Altfälle von Renten- und Lebensversicherungen, welche bis zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden.

Auf der Grundlage § 5a VVG a.F. stand dem Versicherungsnehmer nach Erhalt des Versicherungsscheines ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Der Lauf der Frist setzte voraus, dass dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen vollständig übersandt wurden und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheines schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form, über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen oblag dem Versicherer. Zur Wahrnehmung der Frist genügte die rechtzeitige Absendung des Wider-spruches, wobei das Recht zum Widerspruch ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie erlosch.

Der dem Urteil zugrunde liegende Versicherungsnehmer hat mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998 eine Rentenversicherung abgeschlossen und mit Schreiben vom 31. März 2008 den Widerspruch nach § 5 Abs. 1 VVG gegenüber der Versicherung erklärt und diese zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen aufgefordert.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages verfristet gewesen sei.

Mit der Revision verfolgte der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Der Bundesgerichtshof legte vor seiner Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung die Frage vor, ob Europäisches Recht dem deutschen Recht, wonach das Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie erlösche, dem Gemeinschaftsrecht widerspricht.

Mit Urteil vom 19.12.2013 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Vorlagefrage bejaht.

Der Bundesgerichtshof hat daraufhin entschieden, dass der Versicherungsnehmer aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der Prämien verlangen kann, da er diese rechtsgrundlos geleistet habe.

Zur Entscheidung über die Höhe des Bereicherungsanspruches hat der Bundesgerichtshof die Rechtssache zurückverwiesen. Das OLG Stuttgart hat nunmehr über die Höhe des Bereicherungsanspruches zu entscheiden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Versicherungsnehmer während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen hat. Nach Meinung des Bundesgerichtshofes ist der Versicherungsschutz ein Vermögensvorteil, dessen Wert im Rahmen der Bemessung des Bereicherungsanspruches zu berücksichtigen sei. Hierbei könne dem Risikoanteil der Prämien eine Bedeutung zukommen.

Für den Verbraucher ist entscheidend, dass derartige Bereicherungsansprüche, für die vor dem 31.12.2008 abgeschlossenen Lebensversicherungen in Betracht kommen. Dazu, ob und mit welchen Fristen diese Ansprüche der Verjährung unterliegen, hat sich der BGH nicht geäußert. Hierzu wird eine Entscheidung in einem Folgeverfahren erwartet.

Im übrigen steht es dem Versicherungsnehmer frei, durch Kündigung des Versicherungsvertrages den Rückkaufswert geltend zu machen.