Nießbrauch – Was ist das?
Oft wollen Eltern, um Steuern zu sparen, ihr Hausgrundstück schon vor ihrem Tod an die Kinder übertragen. Gleichzeitig wollen sie aber bis an ihr Lebensende das Haus weiter bewohnen.
Da aber nie vorausgesagt werden kann, wie sich das Verhältnis zu den eigenen Kindern gestaltet, empfiehlt es sich hier, das lebenslange Wohnrecht abzusichern. Diese Absicherung kann am besten dadurch erreicht werden, dass sich die Eltern zu ihren Gunsten ein Nießbrauchsrecht am Grundstück bestellen lassen.
Der Nießbrauch ist das Recht, die belastete Sache umfassend zu nutzen. Er kann an beweglichen Sachen und unbeweglichen Sachen (Grundstücken) sowie Vermögen im Ganzen bestellt werden.
Dem Eigentümer einer Sache stehen im Wesentlichen drei Rechte zu: Veräußerung, Nutzung und Fruchtziehung. Durch die Bestellung eines Nießbrauchsrechts überträgt der Eigentümer das Recht auf Fruchtziehung und Nutzung auf eine andere Person. Es kommt daher zu einer Aufspaltung des Eigentums in das Veräußerungsrecht auf der einen Seite und Nutzungs- und Fruchtziehungsrecht auf der anderen Seite. Der Nießbrauchsberechtigte wird auch als wirtschaftlicher Eigentümer bezeichnet, denn er darf die Sache benutzen (z.B. bewohnen) und die Früchten ziehen (z.B. Mietzins, Zinsen, Dividenden). Im Gegensatz zur schuldrechtlichen Miete und Pacht entfaltet das Nießbrauchsrecht Rechtswirkung gegenüber jedem Dritten und nicht nur gegenüber dem Vertragspartner.
Der Nießbrauch kann weder vererbt noch auf einen Dritten übertragen werden. Er kann aber einem Dritten zur Ausübung überlassen werden (z.B. Vermietung des Nießbrauchsgegenstandes). Grundsätzlich erlischt er mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten.
Der Nießbrauch bietet sich vor allem an bei Übereignung des Grundstücks an die Kinder oder wenn der Erblasser seine Kinder von seiner verstorbenen Ehefrau als Erben einsetzt, seine Lebensgefährtin aber ein lebenslanges Wohnrecht erhalten soll. Auch für einen Gläubiger kann es interessant sein, sich von seinem Schuldner ein Nießbrauchsrecht an dessen vermietetem Haus bestellen zu lassen und so einen Zugriff auf die Mietforderungen zu bekommen.
Die regelmäßig anfallenden Kosten der Nießbrauchssache wie Grundsteuern und Gemeindeabgaben hat der Nießbrauchsberechtigte zu tragen. Außerordentliche Lasten, die den Stammwert der Sache betreffen, hat der Eigentümer zu tragen.
Der Nießbrauchsberechtigte ist verpflichtet, die wirtschaftliche Bestimmung und den wirtschaftlichen Bestand der Sache aufrechtzuerhalten (z.B. nicht einen Acker in eine Kiesgrube zu verwandeln). Eine Umgestaltung und Veränderung der Sache ist ihm untersagt. Veränderungen und Verschlechterungen, die durch die bestimmungsgemäße Ausübung des Nießbrauchsrechts entstehen, muss sich der Nießbrauchsberechtigte aber nicht zurechnen lassen.
Um die individuellen Vor- und Nachteile einer Nießbrauchsbestellung auszuloten und wegen einer gerade im Grundstücksbereich komplizierten Bestellung, ist es hier ratsam, sich einer eingehenden juristischen Beratung zu unterziehen.
Peter Schäufele, Rechtsanwalt
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