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Der Erbvertrag – Was ist das?

Anstatt durch Testament kann der Erblasser im Rahmen der Testierfreiheit seine Erbfolge auch durch einen Erbvertrag regeln. Anders als beim Testament, das der Erblasser jederzeit abändern kann, tritt beim Erbvertrag eine Bindung an die letztwillige Verfügung ein.

Aus der Sicht des Erblassers erscheint diese Bindungswirkung zunächst nachteilig. Warum soll der Erblasser einen bindenden Erbvertrag abschließen, wenn er ein Testament jederzeit ändern und widerrufen kann? Dass der Abschluss eines Erbvertrags für den Erblasser aber auch vorteilhaft sein kann, sollen nachfolgende Beispiele verdeutlichen:

  1. Der Wunsch eines Erblassers ist es, dass sein Sohn in seine Firma einsteigt. Der Sohn ist dazu aber nur bereit, wenn er diese Firma auch einmal erben wird.
  2. Der Erblasser will von seiner Tochter, dass diese ihn im Alter unentgeltlich pflegt. Die Tochter ist dazu nur bereit, wenn sie ihren Vater auch einmal beerben wird.
  3. Paare ohne Trauschein, die sich gegenseitig als Erben einsetzen wollen, können nicht wie Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament abschließen.

Für alle drei Fälle ist die Aufsetzung eines normalen Testaments nicht interessengerecht. Ein möglicher Widerruf der Erbeinsetzung birgt erhebliche Unsicherheiten und kann gerade in den ersten beiden Fällen dazu führen, dass sich Sohn und Tochter nicht nach den Wünschen ihres Vaters richten werden. Der Abschluss eines Erbvertrags ist für solche Konstellationen eine gute Lösung. Ein Erbvertrag kann vertragsmäßige (bindende) und einseitige Verfügungen beinhalten. Vertragsmäßige Verfügungen sind solche, die der Erblasser nur trifft, weil sich der andere Teil ebenfalls verpflichtet. Sie können nur in Form von Erbeinsetzung, Vermächtnis und Auflage erfolgen. Unter einseitige Verfügungen fallen erbrechtliche Anordnungen wie Teilungsanordnung, Testamentsvollstreckung oder Enterbung. Diese sind wie in einem Testament frei widerruflich.

Der Abschluss eines Erbvertrages führt dazu, dass der Erblasser hinsichtlich der vertragsmäßigen Verfügungen in seiner Testierfreiheit beschränkt wird und darüber nicht mehr später anderweitig verfügen darf. Wenn er später ein Testament errichtet, das zu einer vertragsmäßigen Verfügung im Widerspruch steht, ist dieses Testament insoweit unwirksam.

Der Abschluss eines Erbvertrages führt aber nicht zu einem lebzeitigen Verfügungsverbot. Der Erblasser kann weiter vertraglich über sein Vermögen verfügen. Eine Grenze findet dieses Recht in Schenkungen, die der Erblasser vornimmt, um den Dritten, mit dem er den Erbvertrag geschlossen hat, zu benachteiligen. Eine Benachteiligungsabsicht wird dann angenommen, wenn der Erblasser kein lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hat.

Der Abschluss eines Erbvertrages erfordert eine notarielle Beurkundung. Eine Lösung von der Bindungswirkung kann nur in Ausnahmefällen erfolgen: z.B. bei Irrtumsanfechtung, vertraglich vereinbartem Rücktrittsvorbehalt oder Scheidung bei Erbvertrag zwischen Ehegatten.

Im Rahmen eines solchen Artikels kann nur ein begrenzter Überblick gegeben werden. Bei einem Erbvertrag handelt es sich um eine hochkomplexe Materie. Es empfiehlt sich daher die Beratung durch einen im Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt.

Peter Schäufele, Rechtsanwalt
Kanzlei Rechtsanwälte Schäufele & Zerfowski.