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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Krankheit

Wird ein Arbeitsverhältnis mit der Begründung einer langwierigen Erkrankung oder häufiger Kurzzeiterkrankungen gekündigt, so wirft der Streit um die Wirksamkeit einer solchen Kündigung für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber eine Reihe schwieriger Fragen auf. Die wichtigsten sollen nachfolgend dargestellt werden.

Die Krankheit eines Arbeitnehmers löst allein keinen besonderen Kündigungsschutz aus. Die weit verbreitete Meinung, ein Arbeitsverhältnis könne während der Krankheit oder aufgrund einer Krankheit nicht gekündigt werden, ist falsch. Es gelten die allgemeinen Kündigungsregelungen; gilt für das Arbeitsverhältnis kein Kündigungsschutz (z. B. Beschäftigungszeit kürzer als sechs Monate) oder besteht kein Sonderkündigungsschutz (z. B. nach dem Mutterschutzgesetz), so kann der Arbeitgeber, der für die ordentliche Kündigung ohnehin keinem Begründungszwang unterliegt, auch die Krankheit als Anlass heranziehen.

Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Fall der personenbedingten Kündigung: Der Arbeitnehmer kann durch die Krankheit – zumeist vorübergehend – die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen. Der Arbeitgeber kündigt nicht wegen der hohen Fehlquote in der Vergangenheit, wenngleich diese wichtig bleibt, sondern wegen der Erwartung, auch in Zukunft die Arbeitsleistung seines Mitarbeiters nicht zu erhalten. Er kann die Kündigung auf häufige Kurzzeiterkrankungen stützen; zu betrachten sind die letzten drei Jahre. Erforderlich sind deutlich überdurchschnittliche Fehlzeiten. Ein fester Prozentsatz ist nicht notwendig; in der Regel wird aber ein Fehlen über die sechswöchige Entgeltfortzahlung hinaus gefordert. Bei der Kündigung wegen lang anhaltender Krankheit ist ein deutlich kürzerer Zeitraum zu berücksichtigen. Nicht berücksichtigt werden Urlaub oder unverschuldete Betriebsunfälle.

Die Wirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung ist in drei Stufen zu prüfen. Zunächst ist eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft erforderlich. Muss der Arbeitgeber aufgrund objektiver Tatsachen auch künftige Fehlzeiten fürchten? Dabei kann der Umfang früherer Fehlzeiten, insbesondere bei wechselnden Krankheiten, Indiz für eine negative Prognose sein. Kann hingegen der Arbeitnehmer nachweisen, dass er sich erfolgreich hat behandeln lassen (z. B. gegen allergische Erkrankungen) oder in Kürze wieder arbeitsfähig sein wird, so wird es an solchen objektiven Tatsachen fehlen. Weiter müssen die prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Das können zum einen die Zahlungen nach der gesetzlichen Entgeltfortzahlung sein, aber auch wirtschaftliche Belastungen durch Vertretungen, Überstunden etc. oder schließlich Störungen im Betriebsablauf, z. B. die fortwährende Notwendigkeit, Schichteinteilungen zu ändern. Schließlich ist in der dritten Stufe eine Interessenabwägung vorzunehmen, ob die erheblichen Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen vom Arbeitgeber noch hinzunehmen sind oder ein solches Ausmaß erreicht haben, dass weitere Überbrückungsmaßnahmen von ihm nicht verlangt werden können. Dabei sind die Ursachen der Erkrankung und die bisherige ungestörte Dauer des Arbeitsverhältnisses mit zu berücksichtigen. Wie bei jeder Kündigung muss diese das letzte Mittel sein. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einen anderen – freien – Arbeitsplatz ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen versetzt werden kann oder personelle Umstellungen, Einstellung von Aushilfskräften etc. die Kündigung vermeidbar machen. Der Arbeitgeber ist aber andererseits nicht verpflichtet, den erkrankten Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen und zu entlohnen, wenn er auf absehbare Dauer nicht die geschuldete Arbeitsleistung erwarten kann. Steht also z. B. fest, dass der erkrankte Arbeitnehmer in seiner Leistungsfähigkeit gemindert ist und die arbeitsvertraglichen Anforderungen nicht mehr erfüllen kann und auch nicht auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden kann, so kündigt der Arbeitgeber zu Recht.

Die krankheitsbedingte Kündigung – insbesondere bei häufiger Kurzzeiterkrankung – wirft auch für den Arbeitgeber Probleme auf. Selbst bei erheblichen Fehlzeiten in der Vergangenheit tut er sich schwer, eine Gesundheitsprognose für die Zukunft aufzustellen, zumal ihm die ärztlichen Diagnosen nicht zugänglich sind. Auch an die Darlegung der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen und der Betriebsablaufsstörungen stellen die Gerichte strenge Anforderungen. Ist ein Betriebsrat vorhanden, sind bereits die Anforderungen an dessen umfassende und vollständige Anhörung vor Ausspruch der Kündigung erheblich. Der Arbeitgeber tut gut daran, nicht nur die genauen Fehlzeiten, sondern auch die Lohnfortzahlungen oder sonstige Mehrausgaben, die betrieblichen Störungen und die Frage einer möglichen Umsetzung darzulegen. Sonst ist die Betriebsratsanhörung unzureichend und damit die Kündigung unwirksam.

Für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer empfiehlt es sich im Falle einer solchen Kündigung dringend, anwaltlichen Rat einzuholen.

Rechtsanwälte Schäufele & Zerfowski
durch Rechtsanwalt M. Zerfowski