Möglichkeiten rechtlicher Korrekturen nach dem Erbfall

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Möglichkeiten rechtlicher Korrekturen nach dem Erbfall

Dass ein Erbfall vor dessen Eintritt durch Gestaltungen, allen voran durch eine Testamentserrichtung gesteuert werden kann, gilt als selbstverständlich. Weniger offensichtlich ist jedoch, dass auch nach Eintritt des Erbfalls, und insbesondere auch bei Vorliegen eines Testaments, für die potentiellen Erben Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, die eine Einflussnahme auf den Erbgang erlauben.

Zu erwähnen ist zunächst die taktische Erbausschlagung einzelner zu Erben berufener Personen. Eine solche kann insbesondere immer dann zum Mittel der Wahl werden, wenn sich im Nachlass Gesellschaftsbeteiligungen befinden. Nicht selten ist die Erfahrung zu machen, dass das Testament des Gesellschafters nicht auf die Nachfolgeklausel der Gesellschaftsstatuten angepasst ist. Sehr häufig sehen Gesellschaftsverträge nämlich eine sogenannte qualifizierte Nachfolgeklausel vor, wonach nur ein bestimmter Personenkreis unter den Erben als Nachfolger des Gesellschaftsanteils in Betracht kommt. Für diesen Fall muss (!) unter Umständen von Miterben die Erbschaft ausgeschlagen werden, um ein unter Umständen nachhaltig negatives Ergebnis einerseits für die Gesellschaft, andererseits für den Gesellschaftsanteil und für dessen Sonderrechtsnachfolge zu vermeiden.

Eine Ausschlagung der Erbschaft gegen Abfindung kann jedoch auch in anders gelagerten Fällen von Interesse sein. Dies ist nicht selten dann der Fall, wenn gewisse Personen, welche als Erbe zum Zuge kämen, nicht Mitglied der Erbengemeinschaft werden sollen. Hier bietet es sich an, im Vorfeld eine Ausschlagung gegen Abfindung zu initiieren. Dies ist insoweit interessant, als dass der Erwerb erbschafsteuerrechtlich gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG als vom Erblasser und nicht von den Miterben zugewendet gilt mit dem Vorteil, dass – je nach Verwandtschaftsgrad zu dem Erblasser – günstige Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibeträge ausgenutzt werden können.

Schließlich kann die taktische Ausschlagung nach dem Erbfall auch unter ertragsteuerrechtlichen Gesichtspunkten relevant werden. Immer dann, wenn mit Annahme der Erbschaft die Aufdeckung stiller Reserven bei steuerverstrickten Objekten aufgrund Fehlzuordnung von Sonderbetriebsvermögen drohen würde, lohnt es sich, die Vorteile einer taktischen Ausschlagung abzuwägen.

Letztlich eignet sich als Gestaltungsinstrument nach dem Erbfall der Auslegungsvertrag. Besteht unter den am Erbfall Beteiligten beispielsweise darüber Streit, wie die maßgeblichen Verfügungen des Verstorbenen auszulegen sind, besteht die – in der Praxis häufig genutzte Möglichkeit – dass sich die Beteiligten über diese Frage verständigen und einen Erbvergleich, beziehungsweise Auslegungsvertrag schließen.

FAZIT: Möglichkeiten, auch nach dem Erbfall ein aus Sicht der Erben gewünschtes oder gar notwendiges Ergebnis zu erzielen, sind vorhanden. Die hier genannten Beispiele verstehe sich nicht als abschließend. Es empfiehlt sich daher, sich vor Ablauf der Ausschlagungsfrist ein Bild über den Nachlass und die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten zu verschaffen, um taktische Erwägungen für das weitere Vorgehen mitberücksichtigen zu können.