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BAG: Verfall der Urlaubsabgeltung durch tarifliche Ausschlussfrist

Über eine durch Fristversäumnis entfallene Urlaubsabgeltung musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich im Zusammenhang mit einer tariflichen Ausschlussfrist entscheiden. Folgender Fall lag dem Urteil des BAG vom 27. Oktober 2020 – 9 AZR 531/19 zugrunde:

Der Kläger war lange Jahre bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Diese hatte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum Jahresende gekündigt. Im Kündigungsschutzprozess wurde am 28. Februar des Folgejahres ein Vergleich geschlossen, in dem man sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Jahresende wie in der Kündigung vorgesehen einigte. Erst im April verlangte der Kläger eine Urlaubsabgeltung für den offenen Resturlaub von 19 Tagen. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Bestimmung, mit welcher für den wechselseitigen Verfall von Ansprüchen auf die Regelung eines Tarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie mit der IG Metall Bezug genommen wurde. Nach dieser Tarifvertragsklausel mussten Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Die Klage des Arbeitnehmers auf Auszahlung seiner Urlaubsabgeltung blieb bis zum BAG erfolglos. Mehrere Aspekte des Falles sind interessant und sollten zu Vorsicht und rechtzeitigem Handeln mahnen. Während der gesetzliche Urlaubsanspruch unabdingbar ist und nicht durch eine individuelle oder tarifvertragliche Regelung verkürzt oder weggenommen werden kann, gilt dies nicht für den Urlaubsabgeltungsanspruch. Aus dem Urlaubsanspruch ist mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ein reiner Geldanspruch (Abgeltungsanspruch) geworden. Damit unterfällt er dann aber auch Regelungen, die einen Verfall nach kurzen Fristen vorsehen. Das gilt folglich auch für tarifliche Ausschlussfristen. Die konkrete tarifliche Regelung war wohl schon älter und nicht auf dem aktuellen Stand. Sie hat Ansprüche aus vorsätzlichem Handeln oder Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz nicht ausgenommen. Wäre das bei einer individuell im Arbeitsvertrag formulierten Klausel der Fall gewesen, wäre die gesamte Klausel dadurch unwirksam geworden. Nicht so bei der tarifvertraglichen Ausschlussklausel, die – da im vorliegenden Fall Ansprüche aus Vorsatz oder Mindestlohngesetz nicht betroffen waren – nicht auf Transparenz überprüft werden durfte. Das entspricht ständiger Rechtsprechung. Dass nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in der Grundrechtecharta verankert ist, hat das Gericht nicht daran gehindert, die Ausschlussklausel anzuwenden, weil sie nicht den Inhalt des Urlaubsanspruchs, sondern den Fortbestand eines bereits entstandenen Rechtes regelt und vor allen Dingen die Verfallsfrist von drei Monaten die Ausübung des Rechts auf Urlaubsabgeltung nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

Der Arbeitnehmer hatte den Fehler gemacht, zwar rechtzeitig eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Diese sichert aber den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht. Durch den Kündigungsschutzprozess wird der Ablauf der Verfallsfrist nicht gehemmt, wie dies zum Beispiel für offene Lohnansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Fall wäre. Die schriftliche Anmeldung der Ansprüche erst im April des Folgejahres war deshalb zu spät. Der Kläger war auch nicht damit entschuldigt, dass er die Kündigung als solche für unwirksam angesehen hatte, also vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausging. Es wäre ihm zuzumuten gewesen, seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung rechtzeitig innerhalb der Verfallsfrist schriftlich anzumelden. Ohnehin wäre es sinnvoll gewesen, innerhalb des Vergleichs im Kündigungsschutzprozess die Frage noch offener Urlaubstage einzubeziehen und einer Regelung zuzuführen.