Wann ist eine Anfechtung der Erbschaftsausschlagung wegen Irrtums über die Überschuldung des Nachlasses möglich?

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Wann ist eine Anfechtung der Erbschaftsausschlagung wegen Irrtums über die Überschuldung des Nachlasses möglich?

Mit dieser Frage hat sich das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 9. Dezember 2020, Az. I-3 Wx 13/20 beschäftigt.

Dem Erben steht das Recht zu, die Erbschaft innerhalb einer sechs-Wochen-Frist auszuschlagen. In der Regel wird die Erbschaft dann ausgeschlagen, wenn der Nachlass überschuldet und nicht werthaltig ist. Stellt sich anschließend heraus, dass der Nachlass tatsächlich werthaltig war, ist eine Anfechtung der Ausschlagung unter gewissen Voraussetzungen möglich, um zur Erbschaft zu gelangen.

Die Überschuldung der Erbschaft stellt eine verkehrswesentliche Eigenschaft dar, welche zur Anfechtung berechtigen kann. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Irrtum hinsichtlich der Überschuldung auf fehlerhaften Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht. Der Irrtum muss sich auf den Bestand an Aktiva oder Passiva beziehen.

In dem zu entscheidenden Fall wies das Oberlandesgericht Düsseldorf die Anfechtung der Ausschlagungserklärung zurück, da diese ohne Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses und ohne Bewertung bekannter oder zugänglicher Fakten erfolgte. Damit lag bloß ein unbeachtlicher Motivirrtum vor und nicht ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Die potentiellen Erben hatten zunächst keine Kenntnis über die Werthaltigkeit des Nachlasses und haben die Erbschaft ausgeschlagen, da sie vermuteten, dass der Nachlass verschuldet sei.

Das Oberlandesgericht hat klargestellt, dass ein bloßer Motivirrtum vorliegt, der nicht zur Anfechtung berechtigt, wenn bewusst bestimmte Umstände lediglich als möglich betrachtet werden und dieses Vorstellungsbild handlungsleitend ist. In solch einem Fall beruht das Verhalten desjenigen, welcher vermeintlich einer Fehlvorstellung unterliegt, auf Hoffnungen oder Befürchtungen, welche das Motiv seines Handelns bilden.

Fazit: Wer also ohne jegliche Kenntnis über den Bestand an Aktiva und/oder Passiva die Erbschaft ausschlägt, unterliegt keinem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, da reine Spekulation hinsichtlich der Werthaltigkeit zu der anschließenden Anfechtung führt. Die rein spekulative Entscheidung zur Ausschlagung einer Erbschaft basiert nicht auf einer Bewertung von Fakten, sondern auf einer ungesicherten Grundlage.