Kündigung bei unerlaubter Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges möglich?

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Kündigung bei unerlaubter Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges möglich?

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 21. Juni 2022, Az. 5 Sa 245/21, entschieden, dass die unerlaubte Nutzung eines Firmenfahrzeuges unter Würdigung des Einzelfalles keine Kündigung rechtfertigt, die Umstände vielmehr eine vorherige Abmahnung erfordern.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der beklagte Arbeitgeber schloss mit dem Kläger, seinem Arbeitnehmer, ein Arbeitsverhältnis im Hol- und Bringdienst ab. In dieser Tätigkeit war der Arbeitnehmer dem Fuhrparkleiter unterstellt. In der Folgezeit nutze der er das Firmenfahrzeug seines Arbeitgebers um eine private Fahrt mit der Gesamtstrecke von 10 Kilometern zu tätigen. Zuvor hatte er seinen Vorgesetzten, den Fuhrparkleiter, jedoch nicht mehr erreichen können, um ihn nach einer Erlaubnis der Privatnutzung zu fragen, da dieser außer Dienst war. Da der Vorgesetzte dem Arbeitnehmer die private Nutzung in der Vergangenheit bereits gestattet hatte, ging er auch diesmal von einer Genehmigung aus. Nach der privat veranlassten Nutzung stellte der Arbeitnehmer das Firmenfahrzeug anschließend wieder, ohne es nachzutanken, ab. Daraufhin kündigte ihm sein Arbeitgeber außerordentlich und hilfsweise ordentlich.

Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer in der Folge vor dem Arbeitsgerichts Stralsund. Er führte aus, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sei, da es bislang kein Verbot der privaten Nutzung der Betriebsfahrzeuge gegeben habe, sondern die Nutzung zum privaten Zweck gängig gewesen sei. Der Arbeitgeber hingegen war der Auffassung, dass die Kündigung vor dem Hintergrund des Begehens einer Straftat gemäß § 248 StGB sowie der vorsätzlichen Schädigung des Klägers durch das fehlende Ersetzen des Kraftstoffes gerechtfertigt sei.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Daraufhin legte der Arbeitgeber Berufung gegen das Urteil ein.

Das Landesarbeitsgericht teilt die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts und wies die Berufung ab. Die Voraussetzungen der außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung waren nicht gegeben.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Der wichtige Grund muss dabei so schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Um ein Arbeitsverhältnis gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu kündigen, ist die Beurteilung des Einzelfalles sowie die Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich. Eine fristlose Kündigung ist das härteste Mittel und ist deshalb nur in Betracht zu ziehen, wenn kein milderes Mittel, beispielsweise eine Abmahnung, ebenso geeignet wäre um den verfolgten Zweck zu erfüllen. Die Pflichtverletzung des Klägers – die private Nutzung des Firmenfahrzeuges ohne vorherige Genehmigung – wog nicht so schwerwiegend, dass die Hinnahme für die Beklagte unzumutbar sei, so das Berufungsgericht.

Nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine Haupt- und Nebenleistungspflichten schuldhaft – vorsätzlich oder fahrlässig – verletzt, die zukünftige anstandslose Vertragserfüllung nicht mehr zu erwarten ist und die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Ebenso kann nach § 241 Abs. 2 BGB das Verletzen der Rücksichtnahmepflicht auf die Interessen des Arbeitgebers Grund für eine Kündigung sein.

Das Landesarbeitsgericht wertete die ordentliche Kündigung als unverhältnismäßig, da ein milderes Mittel, nämlich eine Abmahnung, genauso geeignet gewesen wäre um zukünftige Vertragstreue des Mitarbeiters zu erzielen. Somit erwies sich die ordentliche Kündigung ebenfalls als unwirksam.

Die Entscheidung belegt anschaulich, dass es unbedingt empfehlenswert ist, sich vor dem Ausspruch einer Kündigung anwaltlichen Rat einzuholen, um Fehler zu vermeiden. Hierbei stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.