Typisches Reiseverhalten bei niedrigpreisigen All-Inklusive-Reisen
AG Viersen, Urteil vom 09.04.2013 – 2 C 446/11; veröffentlicht in NJW-RR 2013, 1071
Lautstarke Auseinandersetzungen zwischen Reisenden im meist alkoholisierten Zustand bei günstigen All-Inklusive-Reisen berechtigen nicht zur Kündigung des Reisevertrages von Seiten des Reiseveranstalters. Die alkoholbedingten Verfehlungen des Reisenden sind vom Reiseveranstalter in einem höheren Maße zu tolerieren, als bei anderen Pauschalreisen.
Der Kläger hatte für sich und seine Lebensgefährtin zu einem Reisepreis von 521,50 EUR eine 18-tägige Flugpauschalreise in die Türkei gebucht. Aufgrund starker Alkoholisierung des Klägers und lautstarker Auseinandersetzungen mit seiner Lebensgefährtin kündigte der Reiseveranstalter den Reisevertrag fristlos.
Nach vorausgegangener fruchtloser Anzeige von Reisemängeln machte der Kläger seinen nicht verbrauchten Reisepreis und Schadensersatz letztlich mit Erfolg geltend.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der bei Billigreisen vermehrte Verzehr alkoholischer Getränke zu alkoholbedingten Verfehlungen des Reisenden führen kann und diese von dem Reiseveranstalter in einem höheren Maße zu tolerieren sind, als dies bei exklusiveren Reisegestaltungen der Fall sei. Der Alkoholgenuss in einem Einzelfall mit hörbaren Eskalationen hielte sich dabei grundsätzlich im Rahmen hinzunehmenden Verhaltens. Anders wäre dies erst zu beurteilen, wenn die anderen Gäste zur Nachtzeit diese Eskalationen hätten erdulden müssen und mit Übergriffen zu rechnen gewesen wäre.
Der Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Sie macht deutlich, dass die von Reisenden an ihre Umgebung gestellten Ansprüche am Reisepreis messen lassen müssten.
Mit anderen Worten, ein Reisender einer niedrigpreisigen All-Inklusive-Reise muss mehr an Belästigungen hinnehmen.
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